Wenn es irgendwo im Universum einen Kontrapunkt zur Atmosphäre von Pink Floyds "Echoes" gibt, dann landet man zwangsläufig im Orbit von Saturnia. Klingt seltsam, aber ich werd’s erklären.
"The Real High" startet schwebend wie einst 'motionless the albatross' aus dem zitierten Floyd-Epos mit schillernd bunten, sehr dezenten Klangfarben und versetzt mich sofort in diese spacige Stimmung absoluter Unendlichkeit. Dezente Keys, zarte Becken-Percussion und eine geheimnisvoll sirrende Gitarre schicken den Zuhörer in eine warme, friedfertig losgelöste Atmosphäre, auf eine Reise in einen Kosmos, der dich willkommen heißt, dich umschmeichelt und mit dir tanzt. Ganz langsam, kaum wahrnehmbar wirst du in eine magische Wolke gezogen und verschmilzt mit ihr.
Saturnia ist im Prinzip ein Ein-Mann-Projekt. Abgesehen von einzelnen ergänzenden Moogs und Gesangspassagen bedient Luis Simoes so ziemlich alles, woraus sich spacig klingende Musik zaubern lässt. Und Luis ist ein absolut entspannt, sympathischer Mensch, dessen Wesen sich in seiner Musik sehr authentisch widerspiegelt. Ich lernte ihn einst in Salzburg kennen, als er mit einem Begleitmusiker zusammen als Support von Colour Haze im Rockhouse Salzburg auftrat. Faszinierend, wenn der eher zurückhaltend agierende Luis mit seiner monströsen Doppelhals-Gitarre seine mystischen Klangbilder entwirft.
Besonders meditativ kommt der Titelsong, "The Real High" daher, eröffnet Luis mit einer schwirrenden Sitar sehr orientalisch, treibt dann aber in einen gefälligen, fast poppigen Rhythmus. Er verliert aber nie diese positive Leichtigkeit, die das gesamte Album durchfließt. Dabei kreisen die Kompositionen immer wieder in verschiedene Nachbarwelten musikalischer Stilrichtungen. Da lösen sich Gitarre und Keyboards schon mal aus ihrem spacigen Schwebezustand und pointieren ein wenig strikter, mal Jazz orientiert wie in "Most Beautiful" oder sehr psychedelisch treibend wie in "A Burnt Offering", noch einen Gang höher geschaltet in dem recht rockigen "Mandrake Scream". Insgesamt kann man die Musik von Saturnia wohl am Ehesten im Ambient ansiedeln, stets aber mit den beschriebenen Ausflügen. Hier und da lassen sich sogar Klangstrukturen aus den Siebzigern entdecken, etwa in "Heavenly Bodies", aber ein Anachronismus ist bei Luis Simoes schlichtweg nicht möglich, denn Zeit hat in seiner Musik keinerlei Bedeutung.
Um die Eingangs-These abschließend aufzugreifen führt uns "The Real High", das Ende Juli bei Elektrohasch erschienen ist, in eine Welt voller Farben und Formen, während uns "Echoes" in eine düster bedrohliche Unterwelt hinein zog. Reisen durch Zeit und Raum mit gänzlich gegensätzlichen Ausprägungen. Die Welt von Saturnia ist gut für die Seele und holt einen zurück zu sich selbst. Man muss aber dazu in Stimmung sein, um diese Reise mitzugehen.

Rocktimes Michael Breuer 23-8-2016